Umzug der Kinder 1932 in der Neustädter Straße
Kinderschützenfest 1950: Mädchen mit Blumenbögen
Das Gründungsdatum des Bodenteicher Kinderschützenfestes liegt
im dunkeln. Da aber beispielsweise im Nachbarort Lüder bereits
1880 ein Antrag beim Landratsamt auf die Abhaltung eines Festes
für die Kinder gestellt wurde, kann davon ausgegangen werden,
dass zu dieser Zeit bzw. auch schon davor in Bodenteich ein
Kinderschützenfest gefeiert wurde. Bilder aus den ersten Jahren
des vergangenen Jahrhunderts zeigen bereits ein
wohlorganisiertes Bild aktiv teilnehmender Kinder und wenn man
bedenkt, dass insbesondere in der Kaiserzeit den Kindern das
Interesse für die Uniform anerzogen wurde, so kann man sicher
sein, dass das Kinderschützenfest in Bodenteich bereits in
dieser Zeit seinen Stellenwert gehabt hat. Das wird umso
deutlicher, wenn man überlegt, dass die
Unterhaltungsmöglichkeiten für Kinder in dieser Zeit eher
gering waren, und das Schützenfest im Jahr einen Höhepunkt
bildete.
Das gleiche galt auch für die Zeit zwischen den Kriegen, und
als dann im Jahre 1950 wieder das erste Schützenfest nach dem
Kriege gefeiert wurde, war die Begeisterung auch bei den
Kindern riesengroß. Eine große Zahl an Kindern – nicht zuletzt
auch infolge der vielen in Bodenteich wohnenden
Flüchtlingskinder – marschierte am Freitag nach Pfingsten zur
Blasmusik der Kapelle Martin Müller durch die Straßen
Bodenteichs. Voran die „Großen“ bis 14jährigen mit Holzgewehr,
dahinter die Kleineren mit blumengeschmücktem Holzknüppel, der
sog. “Knüppelgarde“. Schön anzuschauen die vielen Mädchen mit
ihren bunten Blumenbögen.
Kinderschützenfest 1910; diese Aufnahme entstand vor dem
ehemaligen Kolonialwarengeschäftes Wittenberg,
vormals Kruskop. - König Herm.Kruskop, Ex-König Hugo Lüthe, und
die weiteren Kinder sind Otto Blome,
Gustav Prösch, Karl Zeinecke, Buchholz, Willi Gade, Walter
Utecht u. rechts Hermine Kruskop (Schwester d. Königs)
Unter großer Beteiligung der Erwachsenen wurde dann der
Parademarsch auf dem Marktplatz durchgeführt. Zuvor traf man
sich mit den Betreuern „Schulten Otto“ und „Mein`cken Otto“ zum
Exerzieren und an zwei Donnerstagen wurde versucht, den Kindern
im Schützenhaus beim sog. Vortanzen die Grundbegriffe des
Tanzens beizubringen. Kindertänze wie „Lieber Schuster du...“,
„Wenn hier `n Pott mit Bohnen steit...“, Polka und Walzer haben
einer ganzen Kindergeneration die Grundbegriffe und Freude am
Tanzen gelehrt. Und wenn dann am Freitagnachmittag der
Kindertanz begann, mussten sich die Paare in zwei Reihen auf
dem Saal aufstellen, denn es konnte nur wechselweise getanzt
werden, so groß war der Andrang. Mit eiserner Disziplin wachten
die Betreuer darüber, dass niemand zweimal tanzte. Auf dem
Vorplatz vergnügten sich derweil die Kinder mit dem
Kettenkarussell, der Schiffschaukel und der Schießbude von
Gansebohms. Zuvor hatte Bäckermeister Bernhard Rabe alle Kinder
in langer
Schlange antreten lassen, um ihnen eine kostenlose Eiskugel
auszugeben – übrigens die einzige Spende, die ein Kind damals
kostenlos genießen konnte!
In den 50er Jahren hatten die Schüler am Freitag nach Pfingsten
schulfrei, wenn sie dann am Kinderschützenfest teilnahmen. Auch
daraus erklärt
sich die große Teilnehmerzahl. Genau wie auch noch heute wurden
die älteren Kinder mit den Offiziers- und Unteroffiziersrängen
bedacht. Und das ging der Reihenfolge nach: Der Älteste, der
das 14. Lebensjahr noch nicht überschritten haben durfte, wurde
1.Hauptmann, der Zweitälteste erhielt den nächsthöheren Rang
usw. – da konnte manche Enttäuschung nicht ausbleiben. Viele
der älteren Jungen bemühten sich um die zu vergebenden Posten,
wohl wissend, dass man mit
über 14 Jahren nicht mehr teilnehmen konnte – bis zur
Junggesellenrotte waren es dann noch drei Jahre hin. Ab 1970
gab es auch eine Schützenkönigin, die per Pfeilwurf ermittelt
wurde. Erst später wurde auch die Königin durch ein
Luftgewehr-Schießen ausgeschossen. In den 80er Jahren musste
das Kinderschützenfest auf den Pfingstmontag gelegt werden, da
die Kinder kein schulfrei mehr erhielten. Seitdem feiern die
Kinder am „Jägertag“. Sie treffen sich morgens zum Frühstück
bei Seiner Majestät. Mittags geht es mit großem Ummarsch – wie
eh und jeh – durch den Ort zum Bunten Nachmittag auf den Saal.
Neben dem Preisschießen werden die neuen Majestäten
ausgeschossen, die am Abend standesgemäß nach Hause geleitet
werden. Im Jahr 2000 gab es eine weitere Neuerung:
Bedingt durch sicherheitstechnische Auflagen ist es den unter
12jährigen Kindern nicht mehr gestattet, am Luftgewehr-Schießen
teilzunehmen. Die Anschaffung (durch Spenden der Rotten und der
Sparkasse) zweier Infrarot-Zieleinrichtungen war die Lösung,
mit denen auch die Jüngeren wieder schießen dürfen, da hier
keine Munition benötigt wird. Im Jahre 2001 haben etwa 50
Kinder an den Schießen oder aktiv am Kinderschützenfest
teilgenommen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass
die Kinder mit immer früherem Alter am Kinderschützenfest
teilnehmen, dafür aber auch schon eher wieder ausscheiden. Die
12jährigen zählen heute schon zu den Großen unter den Kindern
und können nur noch schwer für dieses traditionsreiche Fest
begeistert werden.