Statuten von 1874

Informationen über die Kompanie und Rotten der Schützengilde Bodenteich

Statuten der Schützengesellschaft zu Bodenteich

Entwurf zu den Statuten der Schützengesellschaft des Fleckens Bodenteich von 1874.

§ 1

Die in der Anlage Verzeichneten Eingesessenen des Fleckens Bodenteich treten zu einer Schützengesellschaft zusammen, und verpflichten sich, für sich und ihre Stellennachfolger,  alljährlich ein öffentliches Scheibenschießen abzuhalten, ein Schützenfest zu feiern, und zwar unter nachstehenden Bedingungen.

§ 2

Zu der Teilnahme am Schützenfeste kann auch sonst jeder zugelassen werden, welcher von dem Vorstande der Gesellschaft als qualifiziert dazu erachtet wird.

§ 3

Jeder Teilnehmer muss das 18. Lebensjahr überschritten haben.

§ 4

Jedes Mitglied der Schützengesellschaft ist zur persönlichen Teilnahme verpflichtet, eine Stellvertretung durch den Anerben soll nur in dem Falle gestattet sein, wo das pflichtige Mitglied das sechzigste Lebensjahr überschritten hat.

§ 5

Zur persönlichen Teilnahme ist nicht mehr verpflichtet, wer das 60. Lebensjahr vollendet hat. Auch kann der derjenige von der persönlichen Teilnahme entbunden werden, welcher durch Krankheit oder triftige, von dem Vorstande als solche anzuerkennende, Gründe behindert sind.

§ 6

Das Schießgeld beträgt für jeden Teilnehmer 75 Pf und ist von den pflichtigen Mitgliedern auch dann zu bezahlen, wenn sie nicht persönlich teilnehmen, ausgenommen in dem § 4 vorgesehenen Falle.

§ 7

Die ganze Gesellschaft setzt sich in vier Colonnen oder Rotten.

Alle nicht pflichtigen Teilnehmer gehören, wenn sie nicht Jäger sind, in die vierte Rotte.

Die Aufnahme in die Jägerrotte erfolgt durch Abstimmung in der Rotte.

§ 8

Der ganzen Gesellschaft steht ein Vorstand, welcher sich aus dem Obercommandeur, den vier Rottmeistern, den zwei Offizieren der Jägerrotte und den beiden Schaffer besteht an die Spitze. Auch der jeweilige Schützenkönig hat eine Stimme im Vorstand. Alle genannten Personen sollen nur aus pflichtigen Mitgliedern der Schützengesellschaft gewählt werden, und zwar wählt die ganze Gesellschaft den Obercommandeur, jede Rotte Ihren Rottmeister, die Jägerrote außerdem auch noch Ihren zweiten Offizier, während die Schaffer auf Vorschlag des Königs von dem Vorstande gewählt werden.

Die Dienstzeit der Schaffer dauert zwei Jahre und soll alljährlich ein neuer Schaffer gewählt werden. Die Dienstzeit der übrigen Vorstandsmitglieder ist eine unbestimmte.

§ 9

Der Vorstand hat die zur Abhaltung des Schützenfestes nötigen Anordnungen zu treffen, für die Aufrechterhaltung der Ordnung während desselben zu sorgen, auch bei Zuwiderhandlungen die Strafen zu erkennen.

Den Schaffern liegt die gesamte Rechnungsführung und die Begleitung des Königs beim Aus- und Einmarschieren ob.

§ 10

Jede Rotte hat einen Fahnenträger und zwei Unteroffiziere aus Ihrer Mitte zu wählen. Die beiden Unteroffiziere begleiten die Fahne beim Aus- und Einmarschieren

§ 11

Die Jägerrotte hat den Wachdienst zu versehen, und die Ehrenwachen zu stellen, für welchen Fall ihre besonderen Bestimmungen gelten.

§ 12

Jeder Teilnehmer der Schützengesellschaft hat sich am Tage nach Pfingsten, morgens um 9 Uhr mit dem Schießgewehre auf dem Marktplatze anzufinden, und soll derjenige, welcher nicht zur festgesetzten Zeit erscheint oder wohl gänzlich ausbleibt, ohne dem §5 dieser Statuten nachgekommen zu sein, eine Ordnungsstrafe von 50 Pf bis 1,50 Mark erlegen.

§ 13

Sodann sollen die einzelnen Kompagnien u. zwar die Königskompagnie zuerst unter voller Musik ihre Fahnen zum Bürgermeister bringen. Die Fahnensektionen treten auf dem Marktplatze an u. werden auch mit voller Musik dorthin zurückgebracht. Die Fahnen müssen durch einen Offizier abgeholt werden. Fallen zwei Fahnen zusammen, so hat der älteste Offizier das Kommando.

Von der ganzen Schützengesellschaft werden sodann die Fahnen vom Bürgermeister und hiernach der jedesmalige König aus seinem Hause abgeholt, worauf der der Zug wieder zum Marktplatze zurückmarschiert und nun Allen der Gesellschaft von dem Herrn Bürgermeister gegenwärtige allgemeine Bestimmungen vorgelesen und zur strengen Nachachtung empfohlen werden.

§ 14

Hierauf begibt sich der ganze Zug nach dem Schützenhause, und beginnt unter Leitung und Aufsicht der Vorsteher das Königsschießen, an welchem nur pflichtige Mitglieder teilnehmen dürfen.

Beim Schießen hat der Herr Bürgermeister den ersten Schuß, alsdann folgt der König, darauf die Schaffer, der Obercommandeur und die Rottmeister. Hierauf die Mitglieder der Königsrotte und schließlich die übrigen Mitglieder in beliebiger Reihenfolge.

Jedem Mitgliede stehen drei Schüsse zu, wenn es aber für mehr als eine Bürger und Rechtsstelle teilnimmt, so kann es so oft drei Schüsse abgeben als es pflichtige Stellen besitzt.

Das Schießen wird präzise Nachmittags 5  Uhr geschlossen, wer dann noch nicht geschossen hat, ist seiner Schüsse verlustigt. Nach Beendigung des Schießens wird der neue Schützenkönig proklamiert und hierauf wieder nach Hause marschiert.

§ 15

Am zweiten Tage hat sich jeder Teilnehmer wieder um 1 Uhr Mittags auf dem Marktplatze einzufinden und wird, nachdem der König abgeholt ist, und nach dem Schützenplatze marschiert, woselbst dann das Schießen um Gewinne oder Ehrenpreise, über deren Höhe u. Anzahl die Schützengesellschaft beschließt, beginnt.

An diesen Schießen können sich sämtliche Teilnehmer der Schützengesellschaft beteiligen, wer aber nicht mit hinausmarschiert, darf auch nicht schießen. Das Schießen wird Abends um 7 Uhr geschlossen und werden  alsdann die Gewinne verteilt.

§ 16

Wegen des Schießens gelten noch folgende allgemeine Bestimmungen

  1. Kein gezogenes Gewehr gilt bei diesen Schießen.
  2. Das Laden der Gewehre beim Schießen geschieht nach einem von den Vorstehern zu treffenden Reglement und wird jede Übertretung desselben mit 25 Pf bis 3 Mark Strafe belegt.
  3. Wer schießen will hat sich bei dem die Aufsicht über das Schießen führenden Schaffer zu melden, bei 25 Pf im Unterlassungsfalle.
  4. Bild- und Probeschüsse und sonstiges Schießen sind streng untersagt Fällt es dennoch vor, so tritt Bestrafung ein.
  5. Wenn mehrere Schützen gleich nahe dem Mittelpunkte der Scheibe getroffen haben, so sollen selbige sich am Ende des Schießen darum stechen. Beim Ausmessen der Schüsse gilt jedes Mal der Mittelpunkt der Kugel und nicht der äußere Umfang derselben.

§ 17

Jeder Teilnehmer am Schützenfeste hat sich folgenden Bedingungen zu unterwerfen:

  1. Jeder Teilnehmer muß beim Aus- und Einmarschieren und beim Schießen in hohem schwarzem Hute erscheinen.
  2. Das Rauchen beim Aus- und Einmarschieren ist bei 50 Pf. Strafe untersagt.
  3. Weder beim Aus- noch beim Einmarschieren ist es erlaubt, ein geladenes Gewehr zu tragen, noch viel weniger es abzufeuern, ersteres 50 Pf letzeres bei 1 Mark Strafe, die gesetzliche Strafe vorbehältlich.
  4. Schelt- und Schimpfworte werden in der Gesellschaft mit 50 Pf, bis 3 Mark Strafe geahndet, sowie jedes sonstige unanständige Betragen mit 50 Pf bis 3 Mark bestraft wird.
  5. Auch werden nach Ermessen des Vorstandes, Freudestörer aus der Gesellschaft entfernt werden, wobei jede polizeiliche Strafe vorbehältlich ist.

§ 18

Sämtliche Strafgelder fließen in die allgemeine Schützen-Casse und sollen zum Nutzen der Gesellschaft verwandt werden.

§ 19

Fremde sollen, ohne zum Aus- und Einmarschieren verpflichtet zu sein, gegen Entrichtung eines Entrée vom Vorstande zum Tanzen zugelassen werden können, an den ersteren beiden Tagen jedoch nur durch Einführung durch ein Schützenmitglied.

§ 20

Diejenigen Anbauer, welche, der Schützengesellschaft jetzt nicht beigetreten sind, sind für sich und ihre gesamte Familie von der Teilnahme am Schützenfeste ausgeschlossen.

§ 21

Wer von denselben später der Gesellschaft beitreten will, soll das Schießgeld für die Jahre von 1872 ab, dieses mitgerechnet, nachbezahlen.

§ 22

Dem Könige ist es verboten bei der Abholung aus seinem Hause, irgend welche Getränke und Speisen an die Mitglieder der Schützengesellschaft zu verabreichen.

§ 23

Abänderungen der Statuten können nur in einer Versammlung, wozu sämtliche pflichtige Schützenmitglieder unter allgemeiner Angabe des Zweckes zu laden sind, beschlossen werden.

Die Versammlung ist beschlußfähig, sobald die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, daß die Mehrheit der Anwesenden dafür gestimmt hat.

Nachtrag:(Die nicht Erscheinenden haben sich dem Mehrheitsbeschlusse zu fügen!)

Bodenteich, den 12. Mai 1874

Der Bürgermeister

(gez.) H.D. Schulze

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Für die Richtigkeit der Abschrift

Bodenteich, den 6. Juni 1955

Schäfer

Gemeindedirektor


Anmerkungen von Holger Köhnecke

  • Vom § 13 gibt es eine kürzere und längere Version. Das Verbringen der Fahnen zum Bürgermeister und das wieder abholen wurde nachträglich hinzugefügt
  • Zu § 14 Abs. 4 gibt es verschiedene Versionen mit 5 Uhr, 6 Uhr und sogar 7 Uhr: